Silvias Schengen-Vsium

Es ist März geworden. Am 1. erhalten Gloria und Silvia ihre neuen, in jeder Be- ziehung teuren Pässe. Silvia ist dabei ein gutes Stück jünger geworden – ihre Existenz wurde erst Jahre nach der Geburt mit einem fiktiven Datum offiziell re- gistriert. Am 2. sind Gloria, Silvia und Renate auf der CH-Botschaft in La Habana, um das Visum für Silvia zu beantragen. Renate ist Schweizerin, aktuell Studentin bei Gloria und hilft tatkräftig bei den, man ahnt es, kommenden Komplikationen. Am 3. folgt der nächste Besuch auf der Botschaft, wo ihnen der ablehnende Bescheid mitgeteilt und die Rekursmöglichkeit erklärt wird. Begründung der Ablehnung: Es sei nicht sicher, dass Silvia nach Ablauf des Visums nach Hause zurückkehren werde! Silvia kann innert 30 Tagen Rekurs einlegen, schriftlich und in einer der schweizerischen Amtssprachen; das kostet 148 CUC, also ein Vermögen, wovon wenigstens bei Gutheissung der grösste Teil zurückbezahlt wird. Ich als Einladender schreibe umgehend dem Bundesamt für Migration nach Wabern und erkläre meine Sicht. Damit scheint für mich die Sache im Moment erledigt, ich kann nur noch auf den nächsten Entscheid warten.

Das stimmt allerdings nicht ganz: Ich leiste zwischenhinein Übersetzerdienste (mehr dazu s.u.), und am 18. bekomme ich Post aus Deutschland, einen vier- seitigen Brief von Gloria, in dem sie detailliert erzählt, was zwischen 3. und 11. März bei ihnen gelaufen ist (den Brief hat sie einer nach Hause reisenden deutschen Studentin mitgegeben, via deutsche Post ist er bei mir gelandet):

Die drei sind also konsterniert und deprimiert nach der Ablehnung. Zwar spricht ihnen Lázaro Mut zu, der cubanische Funktionär, mit dem ich schon angenehmen Mailaustausch hatte. Anderseits bestätigt der die Botschaft bewachende cuba- nische Sicherheitsoffizier, dass nur ganz selten Visa erteilt würden. Jedenfalls setzt sich Gloria zu Hause hin, entwirft einen Tag lang Rekurse und feilt an den Formulierungen. Renate übersetzt in Deutsch, findet aber ihr Spanischniveau reiche nicht, um das richtig zu machen. Zudem sollte der Rekurs maschinen- geschrieben sein. Also macht sich am Montag, 7. März, Silvia auf zu einem Über- setzungsbüro – das veranschlagt 15 Tage für eineinhalb Seiten/2’400 Zeichen/ 435 Wörter und will das nur mit notarieller Beglaubigung machen, was nochmal 25 CUC pro Seite kosten (und vermutlich weitere zwei Wochen dauern) würde! Nächster Versuch am 9.3. bei einem Deutschprofessor und Übersetzer, der fühlt sich überfordert. Jetzt komme ich ins Bild: Gloria ruft nachts um elf Evelio an, ihr aktuelles Mail-Relais, diktiert ihm den Entwurf, der hackt ihn rein und schickt ihn mir, 6 Std. später ist er übersetzt und als pdf wieder bei Evelio, bereit zum Drucken und Unterschreiben. Ende gut, alles gut? Nein, Fortsetzung folgt.